(Quelle: WT, 20.02.16)
LÖHNBERG Der Schulbesuch ist gebührenfrei, das Studium auch, nur die Kinderbetreuung kostet in den meisten Kommunen Geld. Dies will die Landes-SPD ändern. Im Kommunalwahlkampf macht Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel deshalb in Löhnberg Station.
Dort müssen Eltern seit 2010 keine Gebühren mehr an die Gemeinde bezahlen. Bürgermeister Frank Schmidt (SPD) zieht am Donnerstagnachmittag während Schäfer-Gümbels Besuch im Mehrgenerationenhaus eine positive Bilanz: „Keine Gebühren bedeutet mehr Nachfrage, volle Kitas und mehr Einwohner.“ Löhnberg verbuche dank der gebührenfreien Kinderbetreuung einen Zuzug von jungen Familien. Die beiden Kitas der Gemeinde in Löhnberg und Niedershausen werden derzeit von 220 Kindern zwischen einem und sechs Jahren besucht. Zusätzlich werden 120 Grundschulkinder betreut – ebenfalls gebührenfrei.
„Beleg, dass es funktioniert“
Möglich sei dies, weil die Kitas in Gemeindehand sind, sagt Schmidt. Eine Rolle spiele auch, dass es nur zwei, dafür größere Einrichtungen gibt, sodass der Einsatz des Personals leichter zu gestalten sei. Mit den Zuschüssen des Landes pro betreutes Kind ließe sich ein Großteil der Kosten abdecken. Der Gemeindezuschuss liegt bei rund 637 000 Euro im Jahr, das entspricht 52,8 Prozent der Aufwendungen. Im Vergleich zu früher spare die Gemeinde auf diesem Weg sogar, sagt der Rathauschef. Löhnberg sei der „Beleg, dass es funktioniert“.
Die Gemeinde ist eine der wenigen Kommunen in Hessen, in der Eltern für die Betreuung keine Gebühren zahlen müssen. Dies wollen die hessischen Sozialdemokraten ändern. Wenn Hessen nach der Änderung des Länderfinanzausgleichs am Ende 520 Millionen Euro mehr in der Kasse haben werde, soll dies genutzt werden, um die Eltern zu entlasten – so will es die Hessen-SPD. Die CDU hingegen wolle das Geld in Hochschulen, Straßen und Schuldenabbau investieren, skizziert Schäfer-Gümbel.
„Gebühren sind immer Bildungsbarrieren“, findet der Parteichef. Dabei zeige die Bildungsforschung, dass die frühkindliche Bildung in den ersten zehn Lebensjahren ein wichtiger Baustein sei. Paradox sei, dass in Berlin häufig über die Erhöhung des Kindergeldes um wenige Euro gestritten werde, sagt er. Dabei könne die Gebührenfreiheit deutlich stärker entlasten. Gleichzeitig setzen die Genossen damit auf Chancengleichheit im Bildungssystem und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
In einem ersten Schritt will die SPD die Gebühren für das zweite Kindergartenjahr aufheben – beim dritten gilt dies bereits seit Jahren. 62 Millionen Euro koste dies im Jahr. Das sei etwa 0,3 Prozent des Landeshaushalts. Am Ende, wenn die Gebührenfreiheit für die gesamte Betreuungszeit gelte, rechnet er mit zwei Prozent des Landeshaushalts, also 400 Millionen Euro. Schäfer-Gümbel bezeichnet dies als „finanzierbar“. Doch die schwarz-grüne Regierung hat im Landtag schon signalisiert, dass sie dies nicht mittragen will.
„Es ist ein Stöckchen, über das man springen kann, wenn man will“, merkt Schmidt an. (ohe)
Fotos: Gudrun Schmidt-Diehl